Ich habe Seoul nicht als Tourist besucht, sondern war während der Olympischen Spiele 1988 in offizieller Mission.

 

Als Frauenwartin des Deutschen Judo-Bundes durfte ich unsere Mannschaft betreuen. Der Weg dorthin war lang und beschwerlich. Und ich rede hier nicht vom Flug Frankfurt - Seoul.

 

 

Judo für Männer ist seit der Olympischen Spiele 1964 in Tokyo Teil des olympischen Programms - damals ein Zugeständnis an das Gastge-berland.

 

Immerhin ist Japan ja das Mutterland dieses Sports.

 

Im Zuge der Gleichberechti-gung begannen Mitte der 80er Jahre die Frauen ihren Kampf um die Aufnahme ins Programm.

Ein hartes Stück Arbeit! Allzuviele Fürsprecher hatten die Frauen nicht. Der damalige IOC-Präsident Samaranch und seine Macho-Kumpels vom Executiv-Komittee stellten lange ihre Ohren auf Durchzug, wenn dieses Thema angesprochen wurde.

 

Don Antonio, ein spanischer Grande alter Schule, sah halt den Frauen lieber beim Flamenco zu als beim schweißtreibenden Kämpfen auf der Matte.

Doch Hartnäckigkeit zahlt sich aus. 1986 kam der Durchbruch: Frauenjudo wurde für die Spiele 1988 in Seoul ins Vorführprogramm aufgenommen, sozusagen als Experiment.

Bei Gelingen war die volle Teilnahme bei den Spielen '92 in Barcelona garantiert.

Wenn es das Ziel war, interessante Wettkämpfe zu präsentieren, dann waren die Voraussetzungen für die Teilnahme denkbar unglücklich: Attraktive Wettkämpfe sind am ehesten zu kriegen, wenn das Leistungsgefälle besonders groß ist, d.h. wenn ein absoluter Könner auf bloßen Durchschnitt trifft. Dann gibt es schöne Ippons.

 

 

 

Nach den Vorgaben des IOC jedoch sollten die besten 8 der letzten Weltmei-sterschaften (WM '87 in Essen, Gruga-Halle) nominiert sein.

Doch wenn die Besten unter sich sind, wird eher taktisch gekämpft, also weniger spektakulär.

 

 

Vier Kämpfe-rinnen des Deutschen Judo-Bundes gelang die Qualifika-tion für die Spiele.

 

 

Wenn auch der Sprung auf das allerhöchste Treppchen versagt blieb- alle DJB-Kämpfe-rinnen, die auf die Matte gingen, holten eine Medaille.

 

 

Bemerkens-wert auch diese beson-dere Atmo-sphäre im Olympischen Dorf. Die Sportler waren unter sich. Die Presse hatte keinen Zutritt.

Schon verrückt, mit Stefan Edberg an einem Tisch zu sitzen, Gabrie-la Sabatini auf dem Flur zu begegnen oder mit Carl Lewis in sehr(!!!) respektvollem Abstand Tiefstarts zu üben.

 

Heller Wahnsinn, wie der Mensch beim Start explodieren konnte. Man hatte im Vergleich das Gefühl, dass man am Boden kleben blieb.

Die großen politischen Schwierigkeiten konnten weitgehend ausgeblendet werden.

Seit München 1972 war klar, dass Olympische Spiele nicht notwendig friedlich bleiben müssen.Die Furcht vor dem gefährlichen Nachbarn Nordkorea führte dazu, dass überall, beim Eingang in die Stadien, in die Hotels, in die Wettkampfstätten und sogar ins Olympische Dorf akribische Kontrollen durchgeführt wurden.

 

Doch alles wurde mit einem so freundlichen Lächeln absolviert, dass man nicht genervt war.

 

 

Der Zeitplan ließ genügend Muße, um auch bei den anderen Sportarten reinzuschauen.

Hier ist Mats Wielander am Spielen...

 

 

 

 

...und hier ist Steffi Graf in Aktion.

 

 

Hier das absolute Traumpaar dieses Turniers: Nicole Uphoff mit ihrem Rembrandt - eine fehlerfreie Traumkür

 

So klein wie die beiden Hauptakteure hier auf dem Foto sind, könnte es wohl jeder sein. Aber sie waren es wirklich.

Die Olympischen Spielein Seoul werden unvergesslich bleiben.