Urlaub 2006: Südafrika

                    Der Urlaub der wilden Tiere

Vor dem Tafelberg

 

Unser Ziel 2006: Südafrika!

Süden assoziieren wir automatisch mit Sonne und Wärme, Afrika ist sowieso ein Synonym für heiße Temperaturen. In dm Begriff „Südafrika“ potenzieren sich unsere Vorstellungen geradezu zu unendlicher Hitze.

 

Alles falsch!

 

Auf der südlichen Halbkugel ist derzeit Winter, und wir packen zu Hause bei hochsommerlichen 38° im Schatten unsere dicken Pullover und warmen Jacken in die Koffer – ein Unterfangen, das uns den Schweiß auf die Stirn treibt. Doch vor allem an den Abenden werden wir wenig später dankbar für die warmen Sachen sein. Da ist es mit Temperaturen zwischen 3° und 7° winterlich kalt.

 

Tagsüber aber haben wir mit 18! Bis 20° ein geradezu ideales Reisewetter. Und auch der befürchtete Regen verschont uns weitgehend.

 

 

 

 

Unsere Reise beginnt in Johannesburg, wo unser Auto am Flughafen bereit steht. Unsere Route: zunächst zum Blythe River Canyon, dann weiter zum Krüger Nationalpark, nach einem Abstecher in die Drakensberge führt uns die Route zur Wild Coast, von dort über die phantastische Gardenroute durch die Weingegend von Stellenbosch und Frenchhoek nach Kapstadt, von wo wir unsere Heimreise antreten werden.

4.500 km liegen vor uns. Und keiner wird langweilig sein,

 

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Johannesburg ist unansehnlich. Die hohen Zäune um die Hotels mit Stacheldrahtrollen obenauf erinnern an die Rassenunruhen in Soweto und zeigen, dass die immer noch schwelenden Konflikte zwischen Schwarz und Weiß weit davon entfernt sind gelöst zu sein.

 

 

 

 

 

 

Die Hauptstadt Pretoria  ist ungleich freundlicher. Aber wir halten uns nicht mit der Besichtigung von Großstädten auf. Wir sind begierig, die herrlichen Landschaften zu erkunden.

 

Und da kommen wir voll auf unsere Kosten. Der Blythe River Canyon bietet ein geradezu atemberaubendes Panorama, und auch Burke’s Devil Pot Holes (Schluchten, in denen das Wasser in Jahrtausend langer Feinarbeit in die Felsen die ausgefallensten Formationen herausspülte) ist irgendwie nicht von dieser Welt.

 

Überhaupt ist die landschaftliche Schönheit Südafrikas so intensiv, dass es nicht verwunderlich ist, dass es bei den imperialistischen Europäern Begehrlichkeiten weckte. Ganz abgesehen von den wertvollen Bodenschätzen. Da lohnt sich schon mal ein kleiner Krieg!

 

 

 

Die landschaftliche Vielfalt übertrifft unsere kühnsten Erwartungen. Wir meiden bewusst die Autobahnen und wählen die gut befahrbaren Nebenstraßen, die nicht selten durch die Berge führen. Da liegen dann unendliche Ebenen zu unseren Füßen – jedoch keine von der langwei-ligen Sorte, sondern Hügellandschaften mit glasklaren Seen. Doch selbst jetzt, in der regenreichen Zeit, dominiert überall der Braunton verbrannter Erde.

 

Ich begeistere mich an den weit entfernten Bergkulissen, die in den bizarresten Formationen am Horizont auftauchen. Dahinter eine weitere, noch höhere! Noch weiter entfernt dahinter die nächste. Jede einzelne mit zunehmender Entfernung immer blasser werdend – bis die letzte fast mit dem Blau des Himmels verschwimmt.

 

 

Im Krüger Nationalpark packt uns das Jagdfieber!

 

Bewaffnet mit unseren Kameras gehen wir auf die Pirsch. Da heißt es, Geduld haben und sich nicht entmuti-gen lassen, wenn man mal eine Stunde lang sich die Augen ausguckt und vor lauter Büschen den Busch nicht mehr sieht.

 

Aber nichts schlägt den Moment, wenn man dann wirklich fündig wird. Bei Sonnenuntergang traffen wir auf Colonel Hathi und seine Dschungelpatrouille beim Abendessen – eine kleine Elefantenherde, die uns geflissentlich ignoriert. Zwei Giraffen kreuzen vor uns die Straße, nicht unbedingt graziös mit ihren unproportionierten Körpermaßen, aber dafür sehr afrikanisch, schauen sie arrogant auf uns herab. Wie sollten sie auch anders?

 

An einem Wasserloch beobachten wir eine Herde von mächtigen Flusspfer-den, die sich genüsslich im Wasser suhlen.

 

Am gegenüberliegenden Ufer stehen zwei weitere Kolosse, die wir zunächst für zwei wasserscheue Exemplare ihrer Art halten. Aber dann zeigen sie sich im Profil und wir erkennen das doppelte Horn auf der Nase: Rhinozerosse.

 

Zebras, Strauße, Kudus, Warzenschweine und Impalas begegnen uns in rauen Mengen. Aber erst als wir am Ende noch eine prächtige Löwin beim Sonnenbaden betrachten können, bin ich wirklich zufrieden. Eine wahrhaft reiche Beute! Für unsere Kameras natürlich!

 

 

Der Weg in die Drakensberge wird zunehmend wüster und unwegsamer. Längst haben wir die zivilisierten Städte der Weißen verlassen. Nun begegnen uns nur noch völlig verfallene Wellblechbehau-sungen und verkommene Holzverschläge der Schwarzen. Wir haben jedoch schon zu viel Weg zurückgelegt, an Umkehren ist nicht zu denken.

 

Ich fühle mich immer unwohler. Im Gleichschritt mit dem voranschreitenden Alter wächst auch das Bedürfnis nach Komfort und Luxus. Im Klartext: Ich bin nicht mehr bereit, auf verwanzten Matratzen zu schlafen, nur um mir die zweifellos beeindruckenden Drakensberge anzusehen.

 

 

Doch als wir den Park von Giant’s Castle erreichen, verflüchtigen sich alle unsere Befürch-tungen. Inmitten einer unwirtlichen Gegend, weitab von jeder Zivilisation, hat man ein Camp errichtet, das auch den höchsten Ansprüchen gerecht wird.

 

Wir wohnen in einem kleinen Chalet, pieksauber, mit Fernseher und Mikrowelle, auf dem Balkon ein Kugelgrill für das abendliche Barbecue. Eine Wellness-Farm und ein Massagesalon komplettieren den unerwarteten Luxus. Wir sind nicht übel beeindruckt und verfaulenzen zwei herrliche Tage in der grandiosen Bergwelt mit Wandern und Sonnenbaden.

 

Zwei Tage nach unserer Abreise werden die Wege durch unerwarteten Schneefall unpassierbar sein,

Der Wettergott ist zuverlässig wieder mal auf unserer Seite.

 

 

Wir sind hoch angesehen!

 

Sobald wir uns als Germanen outen, schwappt uns eine Welle ungebremster Hochach-tung entgegen. Nach der grandiosen Organisation der Fußball-Weltmeister-schaft – Beckenbauer sei dank! – profitieren wir im Land der nächsten WM von der kollektiven Hochschätzung, die die Welt den Deutschen derzeit entgegenbringt.

 

An der Hotelbar unseres Hotels an der Wild Coast fragt mich der Barkeeper allen Ernstes, während er unseren Cocktail mixt, was man denn tun müsse, damit die WM in Südafrika ein Erfolg werde – als ob er der Leiter des Organisationskomitees wäre. Ich schöpfe aus dem reichen Schatz meiner nicht existenten Erfahrungen bei Fußball-WMs und improvisiere: Hilfbereitschaft, Gastfreundschaft, Weltoffenheit sind ein paar Stichworte, die ihn sichtlich beeindrucken. Er verspricht ganz ernsthaft, dass man das befolgen werde.

 

Wenn also die WM 2010 in Südafrika ein voller Erfolg wird, dann deshalb, weil ein Barkeeper an der Wild Coast, Dank meiner guten Ratschläge, den Durchblick hat.

 

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Fritz macht mich wahnsinnig mit seinen Indianerweisheiten!

Wenn wir die Sonne im Auspuff haben, dann sind wir richtig. Wenn uns die Sonne ins linke Ohr brennt, was sie die wenigste Zeit tut, dann sind wir auf dem Holzweg.

Wozu gibt es eigentlich Straßenkarten???

 

 

Die phantastische Gartenroute führt uns, vorbei an herrlichen Landschaften mit bizarren Gebirgen und unendlich tiefen Schluchten, auch nach Knysna, einem malerischen Ort am Indischen Ozean.

 

Wir klinken uns in ein kleines Volkfest ein mit zünftige Live-Musik und futtern uns durch das Riesenangebot an lokalen Spezialitäten hindurch. In einem zufälligen Gespräch mit einem jungen Pärchen erfahren wir, dass man in der 20 km entfernten Plettenberg-Bay Wale gesichtet hat. Die kommen nun aus den Eismeeren der Antarktis, um in den wärmeren Gewässern ihren Nachwuchs in die Welt zu setzen.

 

Das interessiert uns. Und da wir absolut Herr unseres Tagesablaufs sind, beschließen wir, uns das anzusehen.

 

Es wird ein urgemütlicher Nachmittag. Wir sitzen in einem netten Restaurant (angeblich früher ein Piratenschiff) bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen. In einiger Entfernung pusten die Wale ab und zu eine Wasserfontäne in die Luft. Natürlich sehen wir nichts von dem freudigen Ereignis unter Wasser, und ich weiß es auch zu schätzen, dass nicht Myriaden von Touristenbooten losfahren, um, voyeuristisch und indiskret, die Tiere beim Kalben zu beobachten.

Uns genügt es, dass wir irgendwie dabei sind und um den großen Moment wissen. Dass uns die Sonne auf den Pelz scheint.

 

Und dass der Kuchen richtig lecker ist.

 

 

In Südafrika gibt es einen Erwerbszweig, den wir so florierend noch nirgendwo anders angeroffen haben. Nenn wir das Ganze mal „Car-Sitting“ (in Anlehnung an das bekannte Babysitting).

 

 

Das sieht dann so aus, dass wir beim Abstellen unseres Wagens auf egal welchem Parkplatz unweigerlich jemanden treffen, der eine wie immer geartete Jacke trägt, die ihm irgendwie einen offiziellen Charakter verleiht. Meist ist es eine, wie sie von den Bauarbeitern getragen wird. Wie ihr Träger dazu kommt, ist völlig unerfindlich.

Auch das Alter der unorthodoxen Auto-Wächter ist breit gefächert.

 

Der Jüngste, der uns seine Dienste anbot, dürfte gerademal 7 Jahre alt gewesen sein, und seine ärmellose Weste, die ihn als Autoritätsperson kennzeichnete, hing ihm bis auf den Boden. Das Angebot war klar: Er würde dafür sorgen, dass unserem Wagen kein Leid geschehe, während wir zu Abend essen.

 

Wir lassen uns das nicht zweimal sagen und dinieren in aller Gemütsruhe, wissend, dass sich jemand bresthaft den bösen Buben, die unser armes Auto attackieren könnten, in den Weg werfen würde.

 

Und richtig: Als wir zurückkommen, steht unser Auto völlig unversehrt da. Der kleine Mann sieht uns erwartungsvoll an. Genau genommen sehen wir bei Dunkelheit gerade mal die weißen Augäpfel, der Rest unterscheidet sich nicht von der rabenschwarzen Nacht. Wir honorieren den wertvollen Dienst mit dem Gegenwert von ca. 5 Cent.

 

Jetzt erscheint zu den leuchtenden Augen noch ein blitzend weißes Gebiss und überglücklich hopst unser tapferer Parkwächter davon. Der Abend war ein voller Erfolg!

 

 

 

Kapstadt ist eine Wucht und bestätigt den Ruf, der dieser Stadt vorauseilt. Umgeben von Bergen, die bis ans Meer reichen, wirkt die Metropole am Kap der Guten Hoffnung fast wie eine verschlafene Dornröschen-Idylle – ein Eindruck, der sich sofort revidiert, sobald man in die Stadt hereinkommt.

 

Von wegen verschlafen! Da geht die Post ab! An der Waterfront, dem quirligen Amüsierviertel arbeitet man zielstrebig an dem Ruf eine Weltstadt zu werden, die niemals schläft. Die Chancen stehen ausgezeichnet, dass dieses Ziel erreicht wird.

 

Und über allem thront der majestätische Tafelberg!

 

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Aber mehr noch als die pulsierende Weltstadt beeindrucken uns die kleinen Weinorte in der Umge-bung.

 

Verkörpert Kapstadt das Kosmopoliti-sche, so stehen Orte wie Frenchhoek oder Stellenbosch für das Gemütliche, Atmosphärische.

 

In Stellenbosch tafeln wir in einem zum Restaurant umgebauten Weinkeller, stilvoll dekoriert mit in die Wände eingelassenen, riesigen Weinfässern, einem Springbrunnen in der Raummitte und endlosen Weinregalen. Das Feuer im offenen Kamin spendet angenehme Wärme (draußen ist es bitter kalt!) Ein Gleiches tut der würzige Wein, der in prunkvollen Pokalen serviert wird.

 

Fritz versichert glaubhaft, dass er schon lange kein Steak mehr verzehrt hat, das so dich, so butterzart und so raffiniert gewürzt ist. Er muss es wissen – da ist er Fachmann!

 

Wir sind so begeistert von Stellenboschs urgemütlichem Ambiente, dass wir beschließen, den letzten Tag auf Gut „Vergelegen“ zu verbringen, unter allen Weingütern das renommierteste und stilvollste, das auch heute noch ein unnachahmliches Flair imperialer Hochherrschaftlichkeit verströmt.

 

 

 

 

 

Auf dem Weg zum Tafelbarg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am letzten Abend nehmen wir in unserem herrlichen Weinkeller Abschied von Südafrika. Wir genießen nicht nur den edlen Tropfen und das phantastische Abendessen, sondern – quasi mit ausgebreiteten Ellbogen – auch den großzügigen Platz, wohl wissend, dass wir die anstehenden 11 Flugstunden nach Hause nur zusammengekrümmt in embryonaler Haltung verbringen werden.

Auch die längsten 11 Stunden gehen irgendwann einmal zu Ende und sind abgehakt. Aber unsere Erinnerungen an dieses schöne Land sind zeitlos.

Blick auf den Blyth River Canyon