Urlaub 2013 Varadero/Kuba

                     Weißer Strand und glasklares Wasser

 

Ganz offensichtlich: Wir werden langsam alt!

 

Der urlaubsmäßige Normalfall: Wir reisen eine Zeitlang durch fremde Lande, unternehmen stressige Besichtigungen und belohnen uns dann anschließend mit einem erholsamen Badeurlaub.

 

Dieses Jahr belohnen wir uns ohne vorherigen Stress. Im Klartext: Wir reisen 8000 Kilometer, nur um uns an einem makellos weißen Strand zu sonnen und in flaschengrünem Wasser zu baden. Luxus pur!

 

Lohnt sich das?

 

Jawohl, tut es!

 

Die Gegebenheiten sind einfach traumhaft. Das Hotel ist wohl schon etwas in die Jahre gekommen, aber das wird mühelos wettgemacht durch eine natürliche Freundlichkeit der Menschen, die nichts geschäftsmäßig Professionelles an sich hat. Wir haben das Gefühl, irgendwie im Paradies, zumindest aber in einer anderen Wertewelt gelandet zu sein, wo das Geld nicht die wichtigste Rolle spielt. Hier sind auch die Gärtner freundlich, die nicht unbedingt auf ein Trinkgeld hoffen können.

 

Im weiteren Verlauf unseres Urlaubs lernen wir uns auf die neuen Begebenheiten einzustellen. Das Leben scheint irgendwie entschleunigt zu sein. Das gilt im Übrigen auch für den Service, der in Bezug auf die Geschwindigkeit nicht annähernd dem europäischen Standard entspricht. Aber auch daran gewöhnt man sich nach kurzer Zeit. Kubanische Verhältnisse eben! Kein Grund zu meckern – wir sind im Urlaub.

 

Wir fahren mit dem Katamaran raus zu einem Korallenriff, schnorcheln und erleben eine wundersame Unterwasserwelt. Herrlich. Weit weg vom Alltag.

 

Stress und Terminnöte sind Fremdwörter geworden.

 

 

Wir machen einen Ausflug nach Havanna und tauchen ein in die ärmliche Welt des Sozialismus.

 

Havanna ist eine Stadt mit einem eigenartigen Reiz. Alles ist leicht verfallen, marode, aber trotzdem wünscht man sich nicht unbedingt den kalten Luxus des Kapitals – jedenfalls nicht, wenn man Tourist ist. Der etwas morbide Charme macht diese Stadt unverwechselbar. Man ist irgendwie in der Vergangenheit steckengeblieben. Dafür sorgen schon die Unmassen von Oldtimern und die kubanischen Schönheiten, die, gekleidet in die Gewänder aus der Vergangenheit, sich mit den männlichen Touristen ablichten lassen

 

Wir trinken einen Mojito in Hemingways Stammkneipe, schlendern an dem Hotel vorbei, wo er die wichtigsten seiner unsterblichen Werke geschrie-ben hat, informieren uns, wie man Rum herstellt und welch ausgefallenen Techniken beim Wickeln die kubanische Zigarre ihren Weltruhm verdankt.Die werden angeblich auf dem nackten Schenkel einer Jungfrau gerollt.

 

Aber so ganz glauben wir die Geschichte nicht. Ich schätze mal, es ist viel zu aufwändig, die Voraussetzungen hierfür immer wieder zu überprüfen. Bei der Entstehung dieser Legende standen wohl ein paar lüsterne Macho-Phantasien Pate.

 

 

Heute kann man erleben, wie die größten Gegensätze dicht an dicht nebeneinander existieren.

 

Da sind auf der einen Seite die großen Hotels, luxuriöse Ghettos für die Reichen dieser Welt, und mit dem Verlassen der Anlage befindet man sich in einer anderen Welt: Menschen laufen bei sengender Hitze kilometerweit zu Fuß, oder fahren per Anhalter, was hervorragend funktioniert, weil es sogar staatlicherseits verordnet ist, Esels- und Ochsenkarren sind beliebte Transportmittel, und eine Papaya kostet einen Peso – will man das umrechnen, dann kommt ein Betrag raus, den man in unserer Währung kaum ausdrücken kann. Mieten sind lächerlich niedrig, das Bildungs- und das Krankenwesen sind kostenfrei, beerdigt wirst du auch umsonst. Ist man bedürftig, dann sorgen Lebensmittelkarten dafür, dass niemand verhungert.

 

Soweit – so gut!

 

Es wird aber auch niemand reich. Private Unternehmungen sind nicht gestattet. Offiziell zum Beispiel auch nicht die clevere Idee, die Touristen in den originellen Straßenkreuzern herumzukutschieren. Das kann man nur auf Kuba erleben! Oldtimer aus den 50er Jahren(!) werden liebevoll restauriert und mit einem sparsameren Motor versehen – und dann hat man eine sprudelnde Einnahmequelle, denn die Touristen lassen sich dieses Feeling, im offenen Cabriolet das Hollywood der Nachkriegszeit wieder zu erleben, gerne was kosten.

 

Wie schon gesagt: Offiziell ist es nicht gestattet. Aber da drückt man staatlicherseits schon mal ein Auge zu, denn wie überall im Sozialismus ist der Schwarzmarkt auch auf Kuba ein boomendes Geschäft, ohne das nichts geht.

 

Che Guevara? Wer oder was ist das denn? Schnell mal googeln!

 

Unsere politisch uninteressierte Wohlstandsjugend kann mit diesem Namen nichts mehr anfangen (gesicher-te Information! Ich hab’s bei meinen Oberstufenschülern ausprobiert!).

 

Als ich Teenager war, waren T-Shirts mit dem Konterfei des charismatischen Revolutionsführers für alle Linkslasti-gen einfach trendy.

 

Auf Kuba tragen die Menschen, vor allem die der älteren Generation, ihren Che noch tief im Herzen. So sehr, dass unsere Reiseführerin auf der Fahrt nach Havanna fast die Tränen kommen: „Er hat so viel für unser Land getan!“

Dabei wird geflissentlich ausgeblendet, dass der Mann wohl auch ein Massenmörder mit einem sadistischen Naturell war, mutmaßlich verantwortlich für ungefähr 17.000 Exekutio-nen. Aber das wird stillschweigend geschluckt. Offenbar kann man keine Omeletts backen, ohne Eier zu zerschlagen.

 

1959 ist die magische Jahreszahl für die Kubaner. Damals haben Fidel Castro und sein Weggefährte Che das Land von Battistas korruptem Regime und den Amerikanern „befreit“. Die hatten die Bodenschätze und die Erzeugnisse der armseligen Wirtschaft wie Zuckerrohr und Tabak (und Rum!) gnadenlos ausgebeutet. Kinder mussten auf den Plantagen arbeiten anstatt zur Schule zu gehen und hatten eine lausig niedrige Lebenserwartung in dem lebensfeindlichen Klima.

 

Castro warf die Amis kurzerhand raus und enteignete sie. Die ganzen Anlagen gingen zu deren maßloser Empörung in kubanischen Besitz über. Eine Massenflucht in Richtung Florida war die Folge. Aber dabei handelte es sich nicht um die Ärmsten der Armen, die sich in den USA ein besseres Leben erhofften, sondern um die reichen Bonzen. Denen hatte Castro den Kampf angesagt.

 

Das umfassende Embargo, voraussehbare Reaktion der verärgerten amerikanischen Regierung, trieb die Kubaner folgerichtig in die Arme des großen Bruders Sowjetunion. Und so mancher deutsch sprechende Kubaner mit sächsi-schem Akzent beweiset, dass auch die DDR zu Zeiten der sowjetischen Bruderschaft mit im (Handels-)Boot saß.

 

Mit dem Zusammenbruch der UdSSR und dem Wegfall der Subventionen (immerhin 85 %!!) geriet dann die kubanische Wirtschaft übel ins Trudeln. Dann aber öffnete sich Castro flexibel für den Rest der Welt, besann sich darauf, dass die kubanischen Strände weißer und das flaschengrüne Wasser klarer und sauberer als sonstwo sind und setzte erfolgreich auf Tourismus.

 

Aus den sechs maroden Hotels auf Varadero wurden nach den 90er Jahren allein 64 kochkarätige 4- bis 5-Sterne-Hotels.

 

Und die Rechnung geht auf! Ferien auf Kuba ist ein erschwinglicher Luxus, der auch den höchsten Ansprüchen gerecht wird.

 

 

Uns interessiert es, wieviel die Kubaner im Durchschnitt verdienen. Aber da stoßen wir an unsere Grenzen – das ist nicht so richtig rauszukriegen.

 

Auf Kuba gibt es zwei Währungen: die Pesos für die Einheimischen und der CUC für die Touristen. Der wird, wie der Dollar, zum Euro 1:1 umgerechnet. An den kommen eben nur diejenigen ran, die mit den Touristen in Kontakt kommen. Wird der CUC in den landesüblichen Peso umgerechnet, dann liegt der offizielle Kurs bei ca. 1:25 (ungesicherte Information!), auf dem Schwarzmarkt etwa doppelt so hoch (genauso ungesichert!). Der monatliche Durchschnittsverdienst für das Küchenpersonal z.B. liegt bei 15 – 30 CUC (= Euro) Man kann also ahnen, dass die privilegierte Klasse auf Kuba die Zimmermädchen und Kellner sind.

 

Auf die Gefahr hin, dass es großkotzig wirkt: Wir knausern nicht mit Trinkgeld. Jeder, der nett zu uns ist, bekommt seinen CUC.

Unser Aufenthalt in Kuba wird do-miniert von einer eigenartigen Ge-schichte, so unwahrscheinlich, dass man sich überlegt, ob man sie wirklich jedem erzählen kann.

 

Aber sie ist wahr! Das schwöre ich!

 

Zurück also zum Anfang:

 

Der erste Kontakt mit den Fluten der Karibik nach den schweißtreibenden 10 Stunden Hinflug ist so unwidersteh-lich, dass Fritz sich voller Begeisterung ins Wasser stürzt – kopfüber, übermütig. Er schwimmt, taucht und genießt ausgiebig die Erfrischung in vollen Zügen.

 

Doch dann der Schock: Als er aus dem Wasser kommt, ist seine Goldkette samt Anhänger verschwunden. Sie ist ihm wohl beim Tauchen über den Kopf gerutscht.

 

Jetzt ist Aufregung angesagt, Sofort begeben wir uns auf die Suche nach dem teuren Stück. Für uns spricht, dass man in dem glasklaren Wasser bis auf den Boden sehen kann, aber die Fläche, wo die Kette verloren gegangen sein kann, ist einfach zu groß. Alle Versuche, sie wieder zu finden, bleiben erfolglos.

 

Am Nachmittag kommt Wind auf, das Wasser wird bewegter. Wir suchen mit Taucherbrillen weiter, aber wir wissen auch, dass jetzt die Zeit gegen uns spielt. Das bewegte Wasser wird wohl schon eine Sandschicht auf den Schmuck gespült haben – die Sache ist aussichtslos.

 

Wir stehen vor der Alternative, dem guten Stück hinterher zu trauern und uns selbst den Urlaub zu vermiesen oder es abzuschreiben. Wir entscheiden uns für letzteres. Zwar bewegen wir uns beim Schwimmen in den nächsten Tagen immer in dem Abschnitt, wo wir am ersten Tag gewesen waren, doch ohne große Hoffnung. Beim Sonnenbaden beobachte ich die Myriaden von Kindern, die im Wasser toben, immer in der Erwartung, dass einer der Taucher mal laut jubelnd eine Goldkette präsentiert. Wie hätten wir glaubhaft machen sollen, dass wir die rechtmäßigen Besitzer sind? Aber nichts passiert.

 

Der Urlaub geht zu Ende und wir beschließen, Varadero trotzdem in guter Erinnerung zu behalten – der Strand ist einfach zu schön.

 

Der letzte Tag ist angebrochen und wir nehmen Abschied von unserem Strand. Wir schwimmen nicht, sondern waten durch das Wasser. Und dann passiert das Wunder: Fritz‘ Fuß taucht aus dem Wasser auf – und an seinem großen Zeh hängt das Geschmeide!!! Beim Pflügen mit den Zehen durch den sandigen Boden (was im Übrigen auch Spaß macht, wenn man keine Goldketten sucht!) hat er genau die Stelle erwischt, wo sie unter der Sandschicht lag.

 

Ist das zu glauben? Wie groß die Wahrscheinlichkeit war, den Schmuck wieder zu finden, mag ich gar nicht beziffern. Auf jeden Fall ein wunderbarer Abschluss einer rundum tollen Zeit.

*

 

Nicht nur diese letzte Geschichte bestärkt uns in der Idee, dass ein Urlaub auf Kuba nach einer Wiederholung verlangt.

 

Was sind schon 10 Stunden Flug, wenn man zu diesem Preis im Paradies landet!