Noch in Arbeit

Urlaub 2023: Kreuzfahrt durchs Mittelmeer

Die Hagia Sophia in Istanbul, einer der Höhepunkte der Reise

 

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen…

 

Und er kann zu vollkommen neuen Erkenntnissen kommen. Kreuzfahrten standen in der Vergangenheit nicht unbedingt auf unserer Prioritätenliste.

 

Die spannende Frage, welche möglichen Gründe dazu führen, dass man sich mit ein paar tausend anderen Passagieren in einem luxuriösen Pott einfindet, beantwortet mir mein Tischnachbar beim Abendessen sehr einleuchtend: Mit der MSC Poesia ist er noch nicht gefahren. Mit anderen schon? Und ob! Kreuzfahrtschiffe und Schifffahrtsgesell-schaften kennt er in- und auswendig – wie andere Freaks etwa die Verbindungen der Bundesbahn kennen. Hilfe! Ich bin in eine Kreuzfahrt-Profi-Truppe geraten! Aber lustig ist das Volk.

 

Als nächstes will man sich die MSC soundso vornehmen. Wo fährt die hin? Ach, nach Miami. Na, dann sehen wir uns doch mal Miami an!

Umgekehrt wird also auch ein Schuh draus!

 

Zweiter Attraktionspunkt: Die Liner haben ein Spielkasino. Sobald der Pott die 3-Meilen-Zone verlassen hat, klicken die Hebel der einarmigen Banditen, rollt die Roulette-Kugel, fallen die Würfel. Die tägliche Gewinn- und Verlustrechnung ist dann abends immer ein dankbares Tischgespräch.

 

Das Schiff ist vom Feinsten, und ausspannen und sich verwöhnen lassen fällt nicht im Mindesten schwer, zumal das Wetter noch mitspielt, obwohl das nicht im Preis mit inbegriffen ist.

 

Als MSC einlädt, nochmals die Ausflüge zu überdenken und evt. nachzubuchen, finde ich mich ein. Ich bin allerdings der einzige Teilnehmer. Unter allen Teilnehmern wird ein 30%iger Rabatt auf den nächsten Ausflug verlost. Ich interessiere mich für Ephesus – und: Überraschung! ich bekomme die 30%!

 

 

Ephesus zu buchen ist eine kluge Entscheidung. Eigentlich sagen mir verfallene Trümmerhaufen nicht viel, aber die hier in Ephesus lassen die alte Größe noch deutlich erahnen.

Der Artemis-Tempel gehörte zu den 7 Weltwundern der Antike. Der Tempel wurde gleich zweimal aufgebaut: zuerst als Holzkonstruktion. Ein ebenso eitler wie dummer Mensch namens Herostratos wollte sich einen Namen machen und zündete den Tempel an. Der Plan ging auf: Er wurde berühmt. Aber auch hingerichtet.

Ein Paradebeispiel dafür, dass man die Kosten-Nutzen-Rechnung eines jeden Handelns genau abwägen sollte.

 

Man hat es der Göttin zum Vorwurf gemacht, dass sie nicht besser auf ihr Heiligtum aufgepasst hat. Aber sie hatte besseres zu tun. Sie hat just zu diesem Zeitpunkt in Mazedonien einer Dame namens Olimpia bei der Geburt ihres Sohnes beigestanden: Das Weltgeschehen betrat in diesem Augenblick Alexander der Große.

 

 

Den Tempel hat man dann wieder aufgebaut, noch größer, noch schöner, 78 m breit und 131 m lang, mit 127 riesigen Säulen und einer Diana-Statue, mit Edelsteinen verziert, in der Mitte. So wurde er zum Weltwunder, bis sich die Goten im 3. nachchristlichen Jahrhundert der Sache annahmen und ihn zerstörten.

Heute steht nur noch eine Säule.

 

Dafür aber entschädigt die beeindruckende Fassade der zweigeschossigen Celsus-Bibliothek, die ein wenig an das Schatzhaus im Jordanischen Petra erinnert.

 

 

 

Wir durchwandeln mit etwas gemischten Gefühlen die Straße der Kastraten.

 

Heerscharen von jungen Männern haben sich freiwillig entmannen lassen, um das Loblied der Diana in den höchsten Tönen singen zu können. Die Jungs waren noch bereit, einen harten Preis für ihren Dienst an der Göttin zu zahlen.

 

Wo ist heutzutage diese Begeisterung geblieben??

 

 

 

 

Etwas weiter stehen wir vor einer Kugel mit einem Fuß darauf. Der Fuß wird dem Kaiser Trajan zugeschrieben und soll zeigen, dass er die Welt beherrschte. So weit – so gut! Dass Herrscher die Welt mit Füßen treten, ist ja nichts Neues. Aber woher hat Trajan im ersten nachchristlichen Jahrhundert schon gewusst, dass die Erde eine Kugel ist?? 

 

Ephesus ist den Christen ein Begriff, weil der Apostel Paulus die Bewohner der Stadt reichlich mit Post eingedeckt hat, um sie zum Christentum zu bekehren. Seine Briefe an die Epheser sind sehr oft Teil der Liturgie in einer katholischen Messe. Irgendwann einmal hat er dann seine Bemühungen doch übertrieben. Die Epheser, die in ihrem Diana-Kult auch ein Geschäft sahen, das Paulus mit seiner Christianisierung bedrohte, haben ihn dann aus der Stadt gejagt.

 

In Ephesus steht auch das Maria-Haus. Angeblich hat Johannes, Jesu Lieblingsjünger, seine Mutter mit nach Ephesus genommen. Es gibt jedoch nicht das geringste Indiz dafür. Wahrscheinlich also nur ein PR-Gag der geschäftstüchtigen Epheser.

 

 

 

 

 

 

Die blaue Moschee

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der 2. Landgang ist der vielleicht interessanteste: Istanbul mit der Hagia Sophia, der Blauen Moschee und Topkapi. Eigentlich habe ich die Reise nur wegen dieser Highlights angetreten, bevor das nächste Erdbeben sie plattmacht – und ohne dass Erdogan auch nur einen Cent an mir verdient.

Die Türken sind derweil optimistisch, dass die Hagia Sophia auch die nächsten Beben übersteht, so wie sie es in der Vergangenheit immer getan hat. Das liegt an der eigentümlichen Architektur. Die zentrale Kuppel mit mächtigen 31 m Durchmesser wird nicht durch Säulen abgefangen, sondern durch vier Halbbögen. Erst diese Halbbögen werden von mächtigen Säulen getragen – eine Konstruktion, die ihresgleichen sucht, und die immerhin seit anderthalbtausend Jahren Bestand hat. Der Reiseleiter verblüfft mit der schier unglaublichen Information, dass dieses Wunderwerk in nur 6 Jahren fertiggestellt war. In der Zeit schaffen wir es Deutschland noch nicht einmal, das Planfeststellungsverfahren hinzukriegen.

 

Das Bauwerk hat eine wechselvolle Vergangenheit: Unter Justinian 537 gebaut, war es zunächst eine christliche Kirche, im 13. Jh. gar Sitz des Papstes, dann im 15.Jh. nach der Eroberung durch die Osmanen eine Moschee, Atatürk machte sie zum Museum als Zeichen der Trennung von Kirche und Staat. 2020 machte sie Erdogan wieder zur Moschee, um die nicht-islamische Welt gründlich zu ärgern, aber bald (im Januar 2024??) soll das wieder rückgängig gemacht werden, weil Erdogan offenbar kein Problem damit hat, seine Meinung ständig zu wechseln (behauptet unser Reiseleiter).

 

Wem auch immer dieses Glanzstück gehört (Weltkulturerbe ist sie ja schon) – die Hagia Sophia ist ungemein beeindruckend.

 

 

In Griechenland legen wir in Piräus an. Ich klinke mich aus der Gruppe aus – sie ist einfach zu groß und unübersichtlich, und beschließe auf eigene Faust zu erkunden. Am besten mit einem Hopp-on-hopp-off-Bus.

 

Aber so ganz allein? Ich bin ganz zufrieden, dass sich zwei weitere Männer aus der Gruppe anschließen. Ein bisschen männlichen Rückhalt weiß man als allein reisende Frau schon zu schätzen. Aber Pustekuchen! Die lassen sich von mir zeigen, wo es lang geht!

 

Die Akropolis ist schon imposant. Wir haben sie 1994 zum ersten Mal gesehen, dann wieder 2013, und immer war sie von einem Gerüst umgeben. Ich möchte schwören: immer das gleiche.

 

Als wir die Straße von Messina passieren, kommt ein Lotse an Bord, so eng und gefährlich ist sie. Wir kommen aber gut durch, es ist kein Gegenverkehr in Sicht.

Letzter Stopp ist Rom. Aber das wird zur Enttäuschung. Nicht nur, weil es regnet. Der Petersdom kann nicht besucht werden. Das verhindern ein paar tausend Touristen, die alle die gleiche Idee haben. Schade.

 

 

Der Hafen von Palermo

Aber der Rückschlag ist nicht heftig genug, um den rundum positiven Gesamteindruck von der Exkursion zu beeinträchti-gen. Die Stadt mit ihren kolossalen Bauten verströmt auch so genug historische Größe, um zu beeindrucken. Auch das heutige Rom ist nicht zu trennen von seiner großen Vergangenheit.

Wunderschöner Trevi-Brunnen

 

Mein Fazit dieser Seereise: wiederholungswürdig! Der Wellness-Faktor ist beträchtlich, der Spaßfaktor auch und Kultur bekommt man, so wie man es sich wünscht.

Eine gute Erfahrung!