Urlaub 2024: Malaysia, Singapur, Bali
Die Twin-Towers in Kuala Lumpur erstrahlen bei Nacht in edlem Silber
Was waren die Erwartungen an diese Reise? Naturerleben im Malaysischen Regenwald. Blick auf die fernöstliche Zivilisation und den Luxus des Paradestaates Singapur. Erholung auf Bali, der Insel der Götter. Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht.
Wenn man in der Regenzeit nach Indonesien und dann noch durch den Regenwald spaziert, dann sollte man sich nicht wundern, wenn es regnet. Wir sind darauf eingerichtet – und angenehm überrascht, dass die erwart-baren Regengüsse, durchaus touristenfreundlich, nur nachts stattfinden.
Trotzdem belastet die hohe Luftfeuchtigkeit, oft bis zu 90%. Das ist nicht lustig.
Bevor der Spaziergang durch den Dschungel beginnt, gibt uns der Guide noch ein paar nützliche Verhaltungsmaßregeln mit auf den Weg:
Wenn uns ein Elefant begegnet – nichts wie weg, so schnell man laufen kann.
Wenn ein Bär auftaucht – stocksteif stehenbleiben. Nicht rühren, damit der Beutetrieb nicht geweckt wird.
Wenn sich ein Tiger zeigt – keine Ahnung. Dann ist wahrscheinlich ohnehin alles zu spät.
Dann beginnt der Spaziergang, und der ist hochinteressant. Der Guide zeigt uns, wie durch pures Reiben bestimmter Strauchfrüchte Seife entsteht, oder Rasierschaum, oder Feuchtigkeitscreme für die anspruchsvolle Haut, oder einfach Heilmittel für die Behandlung von Wunden, oder Mittel gegen Insekten-stiche. Die Waldapotheke ist bestens sortiert.
Dem Blatt eines bestimmten Baumes entlockt er ein gutes Dutzend unterschiedlicher Tierlaute, und zwar so täuschend echt, dass tatsächlich eine verliebte Vogeldame auf seinen Balzruf antwortet.
Die Tour fasziniert durch die Erkenntnis, wie wunderbar symbiotisch die Menschen hier mit ihrer Umwelt zusammenleben. „Wir brauchen keinen Arzt“, behauptet unser Guide. Und offenbar auch keinen Internetzugang. Er klopft gegen den Stamm eines mächtigen Baumes. Das hallende Geräusch trägt weit. So kommunizieren die Einwohner miteinander.
„Das ist ein Telefonbaum“, erklärt er. Uns überrascht nichts mehr.
Melaka ist unsere erste Station. Bei einem Spaziergang durch die Stadt, bei der die Holländer ihre Spuren hinterlassen haben, imponiert uns das friedliche Nebeneinander der unterschiedlichen Religionen.
Kirchen, Moscheen, Synagogen, Shinto-Schreine und Hindutempel stehen hier einträchtig nebenein-ander. Jeder kann beten, zu wem er will.
Gelebte Toleranz! Beneidenswert!
Die zeigt sich auch in der Politik. Malaysia ist ein Zusammenschluss von neun Sultanaten und wird von einem König repräsentiert. Der wiederum entstammt nicht einer gestandenen Dynastie, wie das sonst in der Welt der Fall ist, sondern alle fünf Jahre wechselt der König. Im roulierenden Verfahren wird ein Sultan zum König bestimmt. Fünf Jahre später ist ein anderes Sultanat an der Reihe, den König zu stellen. Das geht alles ohne Stress über die Bühne und ist jedes Mal ein Grund für die Bevölkerung, ausgiebig zu feiern.
Ich will wissen, wie es um die Stellung der Frauen in Malaysia bestellt ist. „Gleichberechtigung pur!!!“, bekommen wir zu hören. Im Brustton der Überzeugung! Kein Schleierzwang, Autofahren und berufstätig sein – kein Problem! Hört sich gut an.
Doch kurze Zeit später, der Fokus auf das Stichwort ist schon etwas verloren gegangen, erzählt er über das Zusammenleben in der Familie. Familienbande sind ganz wichtig, und Kinder, die von zuhause wegziehen, um sich zu verwirklichen, werden schief angesehen, denn dann ist die Versorgung der Eltern im Alter nicht mehr gewährleistet. Hochwillkommen als Nachwuchs sind Söhne, denn bei einer Hochzeit zieht die Schwiegertochter ins Haus ein, und die Versorgung der Alten ist gesichert.
Das Sagen im Clan hat die Ehefrau des Familienoberhaupts. Aber nur solange der am Leben ist. Mit seinem Tod rückt der Sohn in diese Rolle, und die Schlüsselgewalt geht an die Schwiegertochter über. Wenn man bedenkt, dass das berüchtigte Schwiegermutter-Schwiegertochter-Verhältnis wahrscheinlich per Naturgesetz problematisch angelegt ist, kann man sich vorstellen, dass die vielgelobte enge Bande der Großfamilie auch ihre Schattenseiten haben kann. Bei der Eheschließung jedenfalls wünscht die Ehefrau ihrem Gatten ein langes Leben. Nicht umgekehrt!
Spätestens an der Stelle wird klar, dass die Malaien ein reichlich schräges Verständnis vom Begriff der Gleichberechtigung haben.
Die Hauptstadt selbst hat neben den Twin-Towers jede Menge Sehenswür-digkeiten zu bieten.
Am Nation Monument erfahren wir Lehrreiches über die Vergangenheit. Das Monument weist die Daten der beiden Weltkriege auf, was überrascht, denn Malaya (so der alte Name) war ja nicht Kriegsteilnehmer.
Aber indirekt doch. Denn die Briten, damals Besatzungsmacht, rekrutierten hier ihre Soldaten für den Krieg, um die eigenen Söhne zu schonen.
Der Guide weiß detailreich zu schildern, welche Auswirkungen der 2. Weltkrieg auf den Indonesischen Raum hatte.
Wir sind als Deutsche so fokussiert auf unsere historische Schuld der Nazi-Zeit, dass wir kaum Kenntnis haben, dass die mit uns verbündeten Japaner sechs Jahre lang in Indochina ein Terror-Regime errichtet hatten, das an Grau-samkeit nicht zu überbieten war.
Die meisten von uns können zwar die lustige Melodie des River-Kwai-Marsches pfeifen, haben aber keine Ahnung von dem furchtbaren Hintergrund.
Singapur gehörte ursprünglich zu Malaysia, hatte sich aber so viele Extrawürste ausbedungen, dass es weniger stressig war, den Stadtstaat in die Eigenständigkeit zu entlassen.
Die Stadt strotzt vor Reichtum, der möglich wurde durch die geografisch günstige Lage als Kreuzung mehrerer Schifffahrts-wege – und, das betont der Guide mehrfach: durch eine kluge Finanzverwaltung, die als erstes die Korruption bekämpfte.
Offenbar so erfolgreich, dass heute ein Minister einsitzt, der sich durch ein geschenktes Fahrrad und einen Urlaub hat bestechen lassen. Der Guide findet das völlig in Ordnung. „Unsere Politiker beziehen weltweit die höchsten Gehälter. Die dürften nicht auf Korruption angewiesen sein.“
Die Stadt ist blitzsauber, ein einziger Park mit gepflegten Grünan-lagen und ganzjährig blühenden Sträuchern und Stauden. Wir sind begeistert. Aber dann erfahren wir, dass das alles seinen Preis hat.
Bevor wir Singapur betreten, werden wir höflich darauf aufmerksam gemacht, dass auf die Einfuhr von Waffen und Drogen die Todes-strafe steht (also besser sein lassen!). Dafür haben wir in Maßen sogar Verständnis. Aber dann teilt uns der Guide mit, dass dicht gefolgt davon weitere Artikel auf der No-Go-Liste stehen: Allen voran: Alkohol, Zigaretten und Kaugummis!!! Kein Witz!
Die Vorstellung, dass ein ausgespuckter Kaugummi auf dem klinisch sauberen Gehweg pappen könnte oder gar eine weggeworfene Kippe den Blick beleidigt – das ist mehr als die Obrigkeit verkraften kann.
Unterschätze mir keiner die Gefährlichkeit eines Kaugummis!
Überhaupt unterhält uns der Guide etwa die Hälfte der Zeit damit, uns bekannt zu machen mit dem ausgeklü-gelten Katalog von Strafmaß-nahmen gegen alles Mögliche:
Rauchen in der Öffentlichkeit wird zunächst mit Bußgeldern geahndet, im Wieder-holungsfall werden die Übeltäter zu Säuberungsarbeiten verdonnert.
Und dann das Sahnehäubchen: Sie werden dabei gefilmt. Der Film wird dann zur abschreckenden Erbauung im Fernsehen gezeigt. Es lebt sich doch viel entspannter ohne lästigen Datenschutz!
Die ganze Zeit über sitzt ein Mann auf dem Beifahrersitz, der kein Wort sagt. Seine Anwesenheit ist jedoch unabdingbar. Er ist der vorgeschriebene lokale Reiseleiter. Ohne ihn würde unser eigent-licher Guide illegal arbeiten – man ahnt es: ein Fall für den Knast!
Graffitis sprühen ist ebenfalls verbrecherisch und wird mit der Peitsche bestraft. Doch wem das zu barbarisch erscheint, den kann ich beruhigen. Der Vollzug der Strafe wird ärztlich überwacht. Nach jedem Hieb wird genau untersucht, ob ein ernsthafter Schaden entstanden ist. Wenn dem so sein sollte, wird die Strafaktion abgebrochen und der Delinquent darf sich vier Wochen später wieder vorstellen, um sich den Rest abzuholen.
Es reizt mich nachzufragen, ob sich der Delinquent anschließend auch noch bedanken muss. Ich bin mir aber nicht sicher, ob solch eine aufmüpfige Frage nicht irgendeine Bestrafung nach sich zieht.
Also halte ich besser den Mund.
Wie soll man das alles bewerten? Die Stadt ist makellos sauber und die Verbrechensrate beträgt 0%, dank eines rigorosen Überwachungssystems mit versteckten Kameras und Ordnungs-hütern in Zivil.
Aber wirklich ein Grund für Stolz? Oder doch eher Entsetzen aus genau dem gleichen Grund? Oder am Ende sogar etwas wie Wehmut darüber, dass eins ohne das andere nicht zu kriegen ist, weil der Mensch einfach nicht diszipliniert und verantwortungsbewusst ist, sich freiwillig zu beschränken? Denn das gehört leider auch zur Wahrheit: Sobald die Leute die Staatsgrenze nach Malaysia überschritten haben, werfen sie ihren Müll bedenkenlos aus dem Autofenster. Sagt der Guide.
Etwas anderes zu bewundern, macht weniger Probleme: Der Verkehr in der Stadt ist erstaunlich überschaubar, und die Luft ist sauber, frei von Smog trotz der großen Hitze.
Das liegt daran, dass es eine teure Angelegenheit ist, ein Auto zu besitzen. Zunächst einmal braucht man eine Genehmigung dafür, einen fahrbaren Untersatz überhaupt sein Eigen zu nennen. Das kostet die Kleinigkeit von umgerechnet etwa € 30.000. Dann erst darf man sich ein Auto kaufen. Damit reduziert sich die Zahl der Autobesitzer schon mal drastisch.
Hört sich auf den ersten Blick nach einer 2Klassen-Gesellschaft an. Ist es auch. Aber keine, die für großen Unmut sorgt, denn das Nahverkehrssystem ist effizient und bequem. Und wenn man einen Ausflug nach Malaysia machen möchte, kann man sich ein Auto leihen.
Unser lokaler Führer Yuda versetzt uns in eine andere Welt. Er erzählt, dass auch hier auf Bali die Familie die entscheidende Rolle spielt. Aber es herrschen auch andere Sitten.
Er erzählt uns die Geschich-te seines Nachbarn. Der hat in einem Anfall von Unbe-dachtsein ein außerehe-liches Kind gezeugt. Das Gesetz sieht nun vor, dass der Mann die Mutter heira-ten muss. Dass er bereits eine legitime Ehefrau hat, ist dabei kein Hinderungs-grund.
Nun gehören Ehefrau und angetraute Geliebte zum Haushalt.
Der Mann hat Yudas gesammeltes Mitgefühl. Er schüttelt bekümmert den Kopf und seufzt in bestem idiomatischem Deutsch: „Zwei Ehefrauen! Is sauteuer.“
Die„Insel der Götter“ hält, was ihr Name verspricht. Wir leben ent-schleunigt in den Tag hinein, schwitzen bei Temperaturen um die 30 Grad und können uns kaum vorstellen, dass zu Hause schon ein paar Schneeflocken gefallen sind.
Doch ein 15stündiger Flug holt uns wieder zurück in die raue Wirklichkeit des europäischen Winters. Schade!